Mathematik entstand aus den Tätigkeiten des Zählens, Rechnens und Messens. Sie ist die Wissenschaft von den Zahlen und den räumlichen Figuren. Diese Definition ist aber nicht umfassend genug, besonders wenn es um höhere Mathematik geht. Mathematik kann auch definiert werden als die Wissenschaft, die Strukturen auf ihre Eigenschaften und Muster hin untersucht. Ob es sich dabei um Strukturen handelt, die in der vom Menschen unabhängig existierenden Welt tatsächlich vorhanden sind, oder ob der Mensch diese Strukturen selbst schafft, ist umstritten. Ebenso die Frage, ob die Mathematik eine reine Vernunftwissenschaft ist oder auch die Empirie, bzw. die Erfahrung bei ihr eine Rolle spielt. Mit diesen Themen beschäftigt sich die Philosophie der Mathematik.
Die Arithmetik ist theoretisch die Zahlenlehre und praktisch die Rechenkunst. (Z. B. Addition, Division, Multiplikation, Subtraktion.) Die elementare Arithmetik beschäftigt sich mit bestimmten Zahlen und Variablen. Die höhere Arithmetik beschäftigt sich mit Wahrscheinlichkeitsrechnung und Zahlentheorie.
Die Geometrie beschäftigt sich mit Kurven, Flächen und Figuren in der Ebene (zweidimensional) und im Raum (dreidimensional). Gebiete der Geometrie sind u. a. Die lineare Algebra beschäftigt sich mit den Lösungsbedingungen von Gleichungen mit Unbekannten. Die höhere Algebra beschäftigt sich mit den strukturellen Verbindungen abstrakter Größen. Die Mengenlehre beschäftigt sich mit den Eigenschaften von Mengen und deren Elementen. Die Analysis beschäftigt sich mit Grenzwerten. Zu ihr gehört die Infinitesimalrechnung, die Rechnung mit unendlich kleinen Elementen. (Differential
und Integralrechnung). [Die mathematischen Teilbereiche deute ich nur kurz an, da dies hier ein philosophisches und kein mathematisches Lexikon ist.] Anfänge der Mathematik gab es in Mesopotamien, Ägypten und China.
Im antiken Griechenland nahm die Mathematik einen gewaltigen Aufschwung. Von den Griechen kommt auch das Wort Mathematik, das ursprünglich mal »Kunst oder Technik des Lernens« bedeutete. Thales, der »Vater der Philosophie« bewies einige Sätze der Geometrie. Für die Pythagoreer war alles Zahl, was sie zu mathematischen Spekulationen veranlasste, in deren Verlauf sie viele mathematische Gesetze erkannten. Über dem Eingang der von Platon gegründeten Akademie stand der Satz: »Keiner, der unkundig in Geometrie ist, erhalte Einlass«. Besonders Euklid und Archimedes, zwei der größten Mathematiker aller Zeiten, kommt das Verdienst zu, die Mathematik zu einer Wissenschaft gemacht zu haben. Für die antike Philosophie hatte die Mathematik allerdings noch keine große Bedeutung. Im europäischen christlichen Mittelalter ging viel Wissen der Antike verloren, auch das mathematische. Zu dieser Zeit wurde die Mathematik in der islamischen Welt gepflegt. Dort übernahm man aus Indien das heutige Zahlensystem mit der Null, das die Europäer dann im späten Mittelalter von den Arabern übernahmen. Im späten Hochmittelalter bezeichnete der Franziskaner Roger Bacon, der viele wissenschaftliche und technische Erfindungen der Neuzeit voraussah, die Mathematik als Grundlage aller Wissenschaft. Für viele rationalistische Philosophen zu Beginn der Neuzeit waren mathematische Aussagen Musterbeispiele für wahre Aussagen. Mathematik war für sie das Paradebeispiel für Wissenschaft, vielen galt sie als Mutter aller Wissenschaften. Die Mathematisierung der Welt war ein generelles Kennzeichen neuzeitlicher Philosophie. Cusanus sagte, Gott habe die Welt unter Zugrundelegung mathematischer Gesetze geschaffen. Für Galileo Galilei ist das Buch der Natur in mathematischer Sprache geschrieben. Johannes Kepler sagte: »Ubi materia, ibi geometria.« Thomas Hobbes sagte, die geometrische Methode sei die einzige, die uns sichere Erkenntnis geben könne. Philosophisches Denken sei letztlich eine Art Rechnen. Für Rene Descartes war nur das echte Erkenntnis, was der Verstand in klaren mathematischen Begriffen ausdrücken könne. Für Pascal war Mathematik der Ideal-Typus von Wissenschaft. Leibniz war einer der letzten großen Universalwissenschaftler, der u. a. die Differentialrechnung erfand. [Gemessen daran sind seine philosophischen Leistung schlecht. »Ungenügend« wäre eine zu höfliche Formulierung.] Newton entwickelte zeitgleich mit Leibniz die Infinitesimalrechnung. Im Verlaufe der weiteren Auffächerung der Wissenschaften und der fortschreitenden auch akademischen Arbeitsteilung haben die meisten Philosophen und Mathematiker heute nichts mehr miteinander zu tun. Ausnahmen bilden hier die prozentual wenigen Mathematiker, die sich mit den philosophischen Grundlagen der Mathematik beschäftigen (siehe nächstes Kapitel) und die prozentual wenigen Philosophen, die sich mit Logik und Mathematik beschäftigen. Diese gehören fast ausnahmslos zur Richtung der Analytischen Philosophie. (Viele Vertreter dieser philosophischen Ströhmung haben aber auch mit Mathematik nichts zu tun, sondern mehr mit Sprachphilosophie.) Einige der hier aufgeführten Personen könnten auch der Logik, dem Positivismus oder der Analytischen Philosophie zugeordnet werden. Brouwer, Luitzen, Egbertus, Jan (18811966). Holländischer Mathematiker und Philosoph. Begründer des mathematischen Intuitionismus oder Konstruktivismus. In seiner Philosophie sind subjektivistische, solipsistische, pessimistische und moralisierende Elemente. Die große Rolle, die die Sündhaftigkeit des Menschen im Protestantismus spielt, kommt in seiner Philosophie zum Ausdruck. Zum Teil geht es in Richtung Rousseaus und Klages. Frege, Friedrich Ludwig Gottlob (18481925). Deutscher Philosoph, Mathematiker und Logiker. Bedeutend für den Logizismus. Siehe Eintrag im Artikel Analytische Philosophie. Gödel, Kurt (19061978). Österreichisch-Amerikanischer Mathematiker und Logiker. Emigrierte 1938 in die USA. Vorher Mitglied des Wiener Kreises, war damit Vertreter des Neopositivismus. Wird als einer der bedeutendsten mathematischen Logiker des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Versetzte dem mathematischen Formalismus oder Konventionalismus einen schweren Schlag, in dem er darauf hinwies, das selbst die elementarsten Regeln der Arithmetik nicht als widerspruchsfrei beweisbar sind. Hilbert, David (18621943). Deutscher Mathematiker. Begründer des mathematischen Formalismus oder Konventionalismus und der Metamathematik. Poincare, Jules, Henri (18541912). Französischer Mathematiker und Philosoph. Vertreter des Konventionalismus. Die Realität sei uns verborgen. Es gehe darum, in unserer menschlichen Welt zuverlässige Relationen aufzudecken. Damit ist er ein Vertreter der Kohärenztheorie der Wahrheit. Russell, Bertrand (18721970). Englischer Mathematiker und Philosoph. Bedeutend für den Logizismus. Siehe Extraseite. Tarski, Alfred (19021983). Polnischer Mathematiker, Logiker und Wahrheitstheoretiker. Beeinflusste mit seinem »semantischen Wahrheitsbegriff« Popper. Die Philosophie der Mathematik versucht grundsätzliche Aussage über die Mathematik und ihre Stellung im Sein zu machen. [1] Die ontologische Fragestellung beschäftigt sich mit den Gegenstände mathematischer Aussagen Ein Streitpunkt ist die Frage, ob die Gegenstände bzw. Sachverhalte, mit denen sich die Mathematik beschäftigt, von den Menschen selbst geschaffen werden, oder ob sie von den Menschen im Sein vorgefunden werden. Für den Platonismus sind mathematische Terme und Begriffe unabhängig vom menschlichen Denken existierende platonische Ideen. Sie seien abstrakte Objekte, die der Mensch erkennen könne. Der Mathematiker könne ihre Eigenschaften und ihre Beziehungen untereinander aufdecken und damit das Wissen der Menschen über die von ihm unabhängig exitierende Welt vermehren. Eine direkte Gegenposition dazu bezieht der Konventionalismus, nachdem Aussagen der Mathematik und der Logik nur aufgrund der konventionellen Festlegung der Bedeutungen ihrer Grundbegriffe wahr seien, nicht weil ihre Aussagen auf irgendwelche unabhängig vom Menschen existierende Tatbestände wie platonische Ideen etc. hinwiesen. Mathematische Axiome und aus ihnen abgeleitete Theoreme seien Wahrheiten aufgrund semantischer Regeln. Vertreter dieser Richtung sind u. a. Ayer, Quine und die Vertreter des Wiener Kreises. [2] Ein anderer Streitpunkt ist die Frage, ob die mathematischen Sachverhalte Teil der materiellen oder empirisch wahrgenommenen Welt sind, oder ob es eine von dieser Welt unabhängige Sphäre der mathematischen Sachverhalte gibt. Für den Rationalismus gibt es eine solche Sphäre und wir könnten durch reine erfahrungsunabhängige rationale Tätigkeit Wissen über die Mathematik erlangen. (Der Rationalismus vertritt in diesem Punkt weitgehend die gleichen Grundpositionen wie der Platonismus, ist aber nicht in allen seine konkreten Ausformungen mit diesem deckungsgleich.) Der Empirismus dagegen behauptet, dass die mathematischen Sachverhalte Teil der empirisch wahrgenommenen Welt seien. Alle Erkenntnis gehe aus Erfahrung hervor, auch die Mathematik. Sie sei keine rein rationale Tätigkeit, sondern beschreibe ganz allgemeine Merkmale der empirischen Realität. Eine Zwischenposition nahm Kant ein. Für ihn ist jede Erkenntnis Ergebnis einerseits von Erfahrung, andererseits von Prinzipien, die a priori in unserem kognitiven Apparat lägen und aller Erfahrung vorausgingen, diese erst ermöglichen würden. Die Möglichkeit der Mathematik nach Kant beruht darauf, dass die apriorische Raumvorstellung apriorische Sätze der Geometrie ermögliche, die apriorische Zeitvorstellung apriorische Sätze der Arithmetik. Alles Rechnen sei letztlich ein Zählen, d. h. ein Aufeinanderfolgen in der Zeit. Mathematische Sätze hätten Gültigkeit für jede Erfahrung, weil sie Erfahrung erst ermöglichten. Die erkenntnistheoretische Fragestellung beschäftigt sich mit der Art und Weise, wie wir zu mathematischen Aussagen gelangen. Hier gibt es drei Hauptrichtungen. Der Logizismus, Hauptvertreter waren Russell und Frege, versuchte, alle mathematischen Probleme auf logische zu reduzieren. Es zeigte sich aber, dass für den deduktiven Aufbau der Mathematik Axiome nötig waren, die von ihrem Wesen her nicht nur logisch waren. Deshalb wurden diese Versuche aufgegeben. Für den mathematische Formalismus oder Konventionalismus ist Mathematik ein Operieren mit Formeln bzw. Zeichensysteme nach vorgegeben Regeln. Über die vom Menschen unabhängige Realität sage die Mathematik nichts aus. Entscheidend sei die Widerspruchsfreiheit des Gesamtsystems. Diese Theorie ist verwandt mit der Kohärenztheorie der Wahrheit. Hauptvertreter des Formalismus war David Hilbert. Ein Vertreter des Konventionalismus war auch Poincare. Der Möglichkeit eines widerspruchsfreien Gesamtsystems widersprach Kurt Gödel. Der mathematische Konstruktivismus oder Intuitionismus behauptet in Anschluss an Kant, dass der menschliche Geist die Mathematik konstruiere bzw. die mathematischen Einsichten Intuitionen apriorischer synthetischer Prinzipien seien. Hauptvertreter dieser Auffassung war Brouwer. Der Mathematiker findet nicht, sondern erfindet. (Auch Wittgenstein behauptete, der Mathematiker sei ein Erfinder, kein Entdecker.) Die Richtigkeit mathematischer Axiome beruhe auf unmittelbarer Einsicht. Wenn keine Möglichkeit bestehe, mit Sicherheit einen Satz als wahr oder falsch zu bezeichnen, dürfe dies auch nicht geschehen. Da unter diesen Umständen viele mathematische Axiome hätten aufgegeben werden müssen, konnte sich auch diese Auffassung nicht durchsetzen. Technik beruht in einem beträchtlichem Maße auf Mathematik. Wäre das, was die Mathematik an Behauptungen aufstellt, nur etwas subjektives, dem nichts in der objektiven Welt entspräche, dann wäre für mich nicht erklärbar, warum Technik funktioniert. Ich vertrete hier die Auffassung der Evolutionären Erkenntnistheorie, nach der zwar das menschliche Gehirn unsere menschliche Welt konstruiert, aber die Arbeitsweise des Gehirns hat sich über hunderte Millionen Jahre hinweg entwickelt, immer bezogen auf objektive Tatbestände. Es haben nur die Lebewesen überlebt und ihre Gene weitergegeben, die eine (subjektive) Welt konstruierten, die ihnen das Überleben in der (objektiven) Welt ermöglichte. Deshalb sagen subjektive Konstrukte die Überleben ermöglichen etwas über objektive Tatbestände aus. Aristoteles: »Die genaue Schärfe der Mathematik aber darf man nicht für alle Gegenstände fordern, sondern nur für die stofflosen. Darum passt diese Weise nicht für die Wissenschaft der Natur, denn alle Natur ist wohl mit Stoff verbunden.« Eric Temple Bell: »›Offensichtlich‹ ist das gefährlichste Wort in der Mathematik.« Wilhelm Busch: »Gewißheit gibt allein die Mathematik. Aber leider streift sie nur den Oberrock der Dinge.« Albert Einstein: »Mach' dir keine Sorgen wegen deiner Schwierigkeiten mit der Mathematik. Ich kann dir versichern, dass meine noch größer sind.« »Seit die Mathematiker über die Relativitätstheorie hergefallen sind, verstehe ich sie selbst nicht mehr.« »Nach unserer bisherigen Erfahrung sind wir zum Vertrauen berechtigt, dass die Natur die Realisierung des mathematisch denkbar Einfachsten ist.« Gustave Flaubert: »Ich scheue die Disziplin, den mathematischen Geist, den beschränkten Geist, und das Herz der Händler, das so vertrocknet ist wie das Holz ihres Ladentisches.« Goethe: »Mit Mathematikern ist kein heiteres Verhältnis zu gewinnen.« Godefrey Harold Hardy: »Es kann nicht geleugnet werden, dass ein grosser Teil der elementaren Mathematik von erheblichem praktischen Nutzen ist. Aber diese Teile der Mathematik sind, insgesamt betrachtet, ziemlich langweilig. Dies sind genau diejenigen Teile der Mathematik, die den geringsten ästhetischen Wert haben. Die ›echte‹ Mathematik, der ›echten‹ Mathematiker, die Mathematik von Fermat, Gauss, Abel und Riemann ist fast völlig ›nutzlos‹.« [»Echt« im Sinne des attributiven Wahrheitsbegriffs.] Werner Heisenberg: »Was wir mathematisch festlegen, ist nur zum kleinen Teil ein objektives Faktum, zum größeren Teil eine Übersicht über Möglichkeiten.« David Hilbert: »In der Mathematik gibt es keinen Ignorabimus.« Immanuel Kant: »Ich behaupte aber, dass in jeder besonderen Naturlehre nur so viel eigentliche Wissenschaft angetroffen werden könne, als darin Mathematik anzutreffen ist.« Johannes Kepler: »Die Mathematik allein befriedigt den Geist durch ihre außerordentliche Gewissheit.« Gabriel Laub: »Schon die Mathematik lehrt uns, dass man Nullen nicht übersehen darf.« Georg Christoph Lichtenberg: »Ich glaube, dass es, im strengsten Verstand, für den Menschen nur eine einzige Wissenschaft gibt, und diese ist reine Mathematik. Hierzu bedürfen wir nichts weiter als unseren Geist.« Friedrich Nietzsche: »Auf eine Welt, welche nicht unsere Vorstellung ist, sind die Gesetze der Zahlen völlig unanwendbar: diese gelten allein in der Menschen-Welt.« Novalis: »Das höchste Leben ist Mathematik.« »Reine Mathematik ist Religion.« »Alle Wissenschaften sollen Mathematik werden. Die bisherige Mathematik ist nur die erste und leichteste Äußerung oder Offenbarung des wahrhaft wissenschaftlichen Geistes.« Blaise Pascal: »Die Mathematik als Fachgebiet ist so ernst, dass man keine Gelegenheit versäumen sollte, sie etwas unterhaltsamer zu gestalten.« Bertrand Russell: »So kann also die Mathematik definiert werden als diejenige Wissenschaft, in der wir niemals das kennen, worüber wir sprechen, und niemals wissen, ob das, was wir sagen, wahr ist.« Witz: Mathematiker gelten mitunter als etwas welt- und lebensfremd. Treffen sich zwei Mathematik-Studenten. Der eine hat ein neues Fahrrad. Der andere fragt: »Ey, wo hast du denn das tolle neue Fahrrad her?« Der eine: »Mir ist gestern was ganz merkwürdiges passiert. Ich geh hier durch den Park zur Uni, kommt mir eine junge bildschöne Frau auf dem Fahrrad entgegen. Die steigt ab, zieht ihre Kleidung aus und sagt ›Du kannst von mit haben, was du willst.‹« Der andere: »Ist ja klug, das du das Fahrrad genommen hast. Ihre Kleidung hätte dir nicht gepasst.« Anmerkungen
(Darstellung räumlicher, speziell technischer Strukturen.)
(Berechnungen geometrischer Konstruktionen ohne Anschauung.)
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