Im allgemeinen versteht man unter Wahrnehmungen mit den Sinnen (Augen, Ohren, Nase. Zunge, Tastorgane etc.) aufgenommene Informationen der Außenwelt oder unseres Körpers. Alles Wahrgenommene hat empiristische Realität. Zuweilen wird das Wort Wahrnehmung auch in umfassenderen Sinne für Erkenntnis benutzt.
Die Wahrnehmungen, die ein Subjekt hat, kann es nicht bezweifeln. (Sehen Sie hierzu u. a. mein Essay Wissen, Vermutungen und Praxis
) Ob von diesen Wahrnehmungen aber sicheres Wissen über vom Subjekt unabhängig existierendes Objektives erschlossen werden kann, ist in der Philosophie umstritten.Für die Empiristen sind Wahrnehmungen der einzige, oder abgeschwächt der primäre Ausgangspunkt von Erkenntnis. Die Rationalisten stehen der Auffassung, Erkenntnis gehe aus Wahrnehmungen hervor, ablehnend oder skeptisch gegenüber.
Es gibt Philosophen, bei denen sich die materielle Welt in den Wahrnehmungen erschöpft. Berkeley (Esse est percipi ), Fichte, einige Radikale Konstruktivisten.
Im Kapitel 1b Meiner Philosophie habe ich anhand vieler Beispiele aufgezeigt, wie wenig wir unseren Sinnen trauen können und das Wahrnehmungen nicht nur Sinnesleistungen sind, sondern der Verstand bei ihnen eine große Rolle spielt.
Thomas von Aquin: »Nichts ist im Verstand, was nicht zuvor in der Wahrnehmung wäre.«
Walter Benjamin: »Die Art und Weise, in der die menschliche Sinneswahrnehmung sich organisiert das Medium, in dem sie erfolgt ist nicht nur natürlich, sondern auch geschichtlich bedingt.«
George Berkeley: »Es besteht in der Tat eine auffallend verbreitete Meinung, dass Häuser, Berge, Flüsse, mit einem Wort, alle sinnlichen Objekte, eine natürliche oder reale Existenz haben, die von ihrem Perzipiertwerden durch den Verstand verschieden ist [...]. Denn was sind die vorhin erwähnten Objekte anderes als die sinnlich von uns wahrgenommenen Dinge, und was perzipieren wir anderes als unsere eigenen Ideen oder Sinnesempfindungen und ist es nicht ein vollkommener Widerspruch, dass irgendeine von diesen oder irgendeine Verbindung von ihnen unwahrgenommen existieren sollte?«
Ambrose Bierce: »Ein Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung Dinge sieht, wie sie sind, statt wie sie sein sollten.«
Gustave Le Bon: »Jede Folgerung, die wir aus unseren Beobachtungen ziehen, ist meistens voreilig: Denn hinter den wahrgenommenen Erscheinungen gibt es solche, die wir undeutlich sehen, und hinter diesen wahrscheinlich noch andere, die wir überhaupt nicht erkennen.«
William James: »Genie ist in Wahrheit kaum mehr als die Fähigkeit, auf ungewöhnliche Weise wahrzunehmen.« [Wahrnehmung wird hier auf den Verstand ausgedehnt. Viele Aussagen der Relativitätstheorie sind nicht das Ergebnis von Sinnenwahrnehmung und können es nicht sein.]
Immanuel Kant: »Erfahrung ist verstandene Wahrnehmung.«
John Locke: »Es ist nichts im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war.«
Fernando Pessoa: »Was wir sehen, ist nicht, was wir sehen, sondern was wir sind.«