Augustinus – Philolex

Augustinus von Hippo


Augustinus kurz und knapp

Augustinus von Hippo (354–430) war ein bedeutender christlicher Kirchenlehrer an der Schwelle AntikeMittelalter. Nach jugendlichen Ausschweifungen war er Manichäer, dann Skeptiker, dann Neuplatoniker und zum Schluss Christ [was für ein Abstieg!]. Augustinus hat die christliche Dogmatik für Jahrhunderte entscheidend geprägt. (Bis zum Aufkommen der Scholastik.) Sein Hauptwerk Civitas Dei (Der Gottesstaat) entwickelte sich im 5. und 6. Jahrhundert zu dem theoretische Fundament des (frühen) Christentums.


Augustinus ausführlicher

Gott über alles: Gotteserkenntnis und Gottesliebe seien die einzigen Ziele, die der Anstrengung des Geistes wert seien. Schöngeistige Kultur, Naturwissenschaft, Erkenntnis um der Erkenntnis willen lehnte Augustinus ab. Alles Denken, alles Streben, alles Leben solle ausschließlich auf Gott und damit auf das Jenseits gerichtet sein, denn der christliche Gott ist ja nicht in der diesseitigen Welt.

Psychologie: Augustinus untersuchte die Weiten und Vielfältigkeiten der Seele und entdeckte das, was man später einmal Unbewusstsein nennen sollte.

Cogito ergo sum: Wenn man an allem zweifle, so könne man nicht gleichzeitig bezweifeln, dass man zweifle. (Wie später  Descartes. Da hat er das wohl her.) Da Zweifeln eine bestimmte Art von Denken sei, sei sich das Denken unbezweifelbar seiner Existenz bewusst. Dies sei ein unerschütterlich Ausgangspunkt für weitere Überlegungen.

 Objektiver Idealismus: Augustinus lehnte die Vorstellung ab, dass die Welt ein Erzeugnis des Menschengeistes sei. ( Subjektiver Idealismus.) Es gebe eine vom Menschen unabhängig existierende Wirklichkeit, die Gott geschaffen habe. Wahrheit könne nicht nur durch die Versenkung in das eigene Innere gefunden werden. (Augustinus Auffassungen dazu werden in der Literatur unterschiedlich dargestellt.) Einige Sätze lassen eine gewisse Nähe zu neuplatonischen und mystischen Auffassungen erkennen. Die späteren christlichen Mystiker haben sich auf Augustinus berufen. (Z. B. Meister Eckhart und Jacob Böhme.)

 Dreieinigkeitslehre: Augustinus strich die letzten Reste des Arianismus, d. h. der Vorstellung,  Jesus sei nicht gottgleich, sondern ein Gott untergeordneter Mittler zwischen Gott und Mensch. Gott bestehe aus drei gleichrangigen Personen. In jeder Person sei der ganze Gott anwesend.

Zeit: Zeit sei nicht von unserem Bewusstsein trennbar. Nur die Gegenwart existiere. Vergangenheit und Zukunft seien Erinnerungen und Erwartungen in der Gegenwart. Wir könnten das immer Existierende nur in der Erscheinungsform des Nacheinander erfassen. (Ähnlich wie  Kant.) Für Gott sei alles gleich gegenwärtig. Zeit könne es nur geben wo eine Welt und damit Veränderung (Bewegung) vorhanden sei. Zeit und Welt seien zusammen entstanden. Deshalb unterscheide man zurecht Zeit und Ewigkeit.

Willensfreiheit und Prädestination: Der Mensch sei seit dem Sündenfall Adams notwendigerweise sündig. Er könne gar nicht anders als sündigen und den Tod, der Sünde Sold ( Paulus), erleiden. [ Sünde ist nach christlichen Vorstellungen wohl bemerkt, wenn man sich nicht an die willkürlichen Maßstäben Gottes hält.] Gott aber in seiner Barmherzigkeit und Güte erlöse den Menschen. Aber nicht alle! [Ätsch!!!] Einige erlöse er und andere erlöse er nicht. Nach seinem geheimen und weisen Wohlgefallen habe er von vornherein einige für die ewige Glückseligkeit und andere für die ewige Folter bzw. Verdammnis vorherbestimmt (prädestiniert). Fast das Gleiche findet man später bei  Calvin. [Das Augustinus das so gesehen hat, wird hin und wieder bestritten. Dabei geht es meiner Einschätzung nach aber nur darum, dass Menschen ihr Idol verteidigen und offensichtliche Aussagen ignorieren, uminterpretieren oder als unwesentlich abtun. Ich kenne dieses Vorgehen aus der Auseinandersetzung mit Marxisten und Nietzsche-Anhängern.]

Die Kirche hat hierzu eine etwas modifizierte Einstellung zur verbindlichen Kirchenlehre erklärt. Der einzelne Mensch habe von Gott die Freiheit erhalten, sich für das Gute oder Böse zu entscheiden. Allerdings wisse Gott wegen seiner Allwissenheit von vornherein die schließliche Entscheidung jedes Menschen. [Was letztlich auf das Gleiche hinausläuft: Gott schafft Seelen, von denen er im Voraus weiß, das sie für die ewige Verdammnis bestimmt sind.]

Kirche: Die Begnadigten werden den »Staat Gottes« bilden. Die Kirche sei zwar noch nicht dieser Gottesstaat, aber seine Vorbereitung, sein unvollkommenes Abbild. In der Kirche würden die zum Heil Berufenen gesammelt. Außerhalb der Kirche gebe es kein Heil, keine Erlösung. [Mir fällt es schwer, das alles ohne Polemik aufzuschreiben!] Die Kirche lege fest, wie die  Bibel zu verstehen sei, sie habe die Interpretationshoheit. Wer richtig glauben wolle, müsse an die Aussagen der Kirche glauben.

Neben den Auffassungen von Augustinus spielten für das frühe Christentum eine große Rolle die Schriften des Dionysius Areopagita.


Zitate von Augustinus

Ich habe aus der riesigen Menge an Zitaten die herausgesucht, die tatsächlich etwas sinnvolles aussagen. Und die, die den Unsinn am offensichtlichsten wiedergeben.

»Christen sind wir um der künftigen Zeit willen. Niemand erhoffe sich gegenwärtige Güter, niemand verspreche sich ein Glück der Welt, weil er Christ sei.« [Das haben die meisten Christen später nicht mehr so gesehen.]

»Ich würde nicht einmal dem  Evangelium trauen, wenn mich die Autorität der Kirche nicht dazu bewegen würde.«

»Friede ist die Ruhe der Ordnung.«

»Was du tust, tue es in Fröhlichkeit, dann tust du das Rechte und tust es recht.« [Mit Fröhlichkeit kann man auch ziemlich üble Dinge tun. Wie z. B. die  Blonde Bestie.]

»Das Verständnis ist der Lohn des Glaubens. Suche daher nicht zu verstehen, um zu glauben, sondern glaube, um zu verstehen.« »Wir glauben, um zu erkennen; wir erkennen nicht, um zu glauben.« [Wie später dann  Anselm.  Abälard sah es dann anders herum.]

»An Gott mich klammern, das ist meine Kraft

»Alles, was künftig geschehen soll, ist für Gott bereits geschehen.« [Der totale Determinismus!]

»Soviel in dir die Liebe wächst, soviel wächst die Schönheit in dir. Denn die Liebe ist die Schönheit der Seele

»Wir müssen unseren Nächsten lieben, entweder weil er gut ist oder damit er gut werde.« [Auch die, die für die ewige Verdammnis vorgesehen sind lieben wir. Jedenfalls so lange sie hier auf der Erde herumlaufen. Später, wenn sie für alle Ewigkeit gefoltert werden, lieben wir sie natürlich nicht mehr. Ihr Pech.]

»Nicht mit dem Schwert, sondern mit dem Kreuz machte sich Christus die Erde untertan.« [Zu seinen Lebzeiten begannen die Christen schon damit, andere Religion zu unterdrücken. Später wurde das Christentum und großen Teilen der Erde mit dem Schwert, bzw. weiter entwickelten Waffen durchgesetzt. Augustinus selbst nahm bereits staatliche Gewalt in Anspruch, um von seinen Positionen abweichende Strömungen innerhalb des Christentum zu unterdrücken.]

»Singen ist die Sprache der Liebe.« [»Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen ...« Ich halte es da mehr mit  Voltaire.]

»Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande.«

»Die Seele hat die Farbe deiner Gedanken

»Die Seele nährt sich von dem, woran sie sich freut.«

»Nach dem Sündenfall kann der Mensch nicht mehr nicht sündigen.«

»Trübsal ist eine andere Art von Gnade!«

»Wir sind zu schwach, um mit der bloßen Vernunft die Wahrheit zu finden; deshalb ist uns die Autorität der heiligen Schriften vonnöten.« [Mit seiner Vernunft war es tatsächlich nicht weit her! Somit hat er von sich auf alle geschlossen.]

»Suche nicht draußen! Kehre in dich selbst zurück! Im Innern des Menschen wohnt die Wahrheit

»Der dich gemacht hat, weiß auch, was er mit dir machen will.« [ Prädestination]

»Was also ist die Zeit? Wenn niemand mich danach fragt, weiß ich es, will ich es aber einem Fragenden erklären, weiß ich es nicht.«

»Mag einer auch sonst zweifeln, über was er will, über diese Zweifel selbst kann er nicht zweifeln.«


Kritik an Augustinus

Religiöser Dogmatismus und Absolutismus ist für mich eine Psychose. Kranken kann man in der Regel ihre Krankheit nicht zum Vorwurf machen. Aber man muss sich vor solchen Leute schützen. Augustinus ist vergleichbar mit den heutigen Islamisten. – Wenn nun argumentiert wird, dass sei damals eine ganz andere Zeit gewesen, dann stimmt dies nicht in allen Punkten. Die  griechische Wissenschaft hatte schon eine gewisse Höhe und es gab in der antiken Welt auch schon philosophischen und religiösen Pluralismus. Beides wurde von den Christen beseitigt.

Sein ganzes Leben, sein ganzes Streben auf Gott und das Jenseits zu richten, ist nicht sinnvoll. Möglicherweise gibt es Gott und Jenseits gar nicht. Dann opfert man sein tatsächliches Leben einem religiösen Wahn.

Warum schafft ein allmächtiger und allwissender Gott – der gleichzeitig ein »Lieber« Gott ist – Seelen, von denen er weiß, dass sie in der ewigen Verdammnis landen? Diese Frage sollten sich mal die Christen stellen, die das immer noch glauben. Sehen Sie hierzu bitte  »Über die Unschlüssigkeit des christlichen Gottesbildes« und dort die Anm. 4 zur  »Ungeheuerlichkeit Menschen die ewige Verdammnis anzudrohen«.

Nach Augustinus kommt sowieso nur eine kleine Minderheit in den Himmel. Die große Mehrheit aller Menschen wird später für alle Ewigkeit gefoltert. Krank! Gehirnkrank! Was anderes fällt mir dazu nicht ein.

Wenn Gott nicht erfassbare ist, wieso weiß man dann, dass er aus drei Personen besteht? Die neuplatonische Gottesvorstellung und die Dreieinigkeitslehre passen nicht zusammen.

In der Beurteilung der Zeit stimme ich mit Augustinus überein, soweit man den Gott ausklammert. Ich sagen, außerhalb des Erlebens eines endlichen Geistes, wie es z. B. der menschliche Geist ist, könnte alles gleichzeitig oder besser zeitlos vorhanden sein.

Was die Selbstgewissheit des Denkens anbetrifft, stimme ich Augustinus auch zu.

Auch innerhalb des Christentums ist Augustinus umstritten. Schon zu seiner Zeit gab es andere Strömungen. Besonders seit der Reformation wird ihm vorgeworfen, auf Grund seiner manichäischen und neuplatonischen Herkunft habe er Auffassungen vertreten, die sich aus der  Bibel und den urchristlichen Traditionen nicht herleiten ließen. (U. a. die starke Betonung der Hölle.)


Literatur

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