Tod


Tod aus philosophischer Sicht

Der griechische Philosoph Epikur sagt: »Der Tod geht uns nichts an. Solange wir leben, ist der Tod nicht da. Ist der Tod aber da, existieren wir nicht mehr.«

Der Satz »Ich bin tot« oder auch »in Zukunft bin ich tot« ist widersinnig. »Bin« ist eine Form von »sein« und tot bedeutet gerade das Nichtsein eines Subjekts. Auch für »du bist tot« oder »er/sie ist tot« trifft das zu. Jede Verbindung der Worte »tot« und »sein« ist bezogen auf Subjekte widersinnig.

Wo ist das individuelle Bewusstsein eines Menschen während einer Narkose oder eines Traumlosen Schlafs? Es ist nicht existent. Vorübergehend. Mit dem Tod eines Menschen erlischt ein individuelles Bewusstsein auf Dauer. (Vorausgesetzt es gibt keine bewusstseinsmäßige Fortexistenz.) Solange der Körper noch da ist, mag es Sinn haben, zu sagen, dieser Mensch ist tot. Aber nur bezogen auf den Körper, nicht auf das Bewusstsein. Denn dieses ist nicht. Es gab mal ein individuelles Bewusstsein, dass sich »Kant« nannte. Und inzwischen gibt es dieses individuelle Bewusstsein nicht mehr. Aber der Satz »Kant ist tot« ist ein unsinniger Satz.

Warum es Todesangst gibt, lässt sich im Lichte der  Evolutionstheorie erklären: Ein Lebewesen, das seine Vernichtung panikartig fürchtet und alles daransetzt, dieser Vernichtung zu entgehen, hat – gegenüber Lebewesen ohne diese Furcht – eine größere Chance zu überleben, sich fortzupflanzen und diese Eigenschaft an die nächste Generation weiterzugeben. Todesangst hat in der Natur eine fürs Überleben notwendige Funktion. Sie ist Teil unseres genetischen Programms. Und so ist auch der Wunsch nach individueller Unsterblichkeit ein Teil unseres genetischen Programms.

Das Wissen des Menschen um seine Sterblichkeit wird häufig als eine Ursache für Philosophie genannt. (Neben »staunen« und »zweifeln«.) Ob man den Tod allerdings dermaßen in den Mittelpunkt des Philosophierens stellen sollte, wie das z. B.  Kierkegaard und  Heidegger machen, ist nach meiner Auffassung eine Mentalitätsfrage, nicht eine Frage der richtigen philosophischen Erkenntnis.


»Den Tod fürchten, ihr Männer, das ist nichts anderes, als sich dünken, man wäre weise, und es doch nicht sein. Denn es ist ein Dünkel, etwas zu wissen, was man nicht weiß. Denn niemand weiß, was der Tod ist, nicht einmal, ob er nicht für den Menschen das größte ist unter allen Gütern. Sie fürchten ihn aber, als wüssten sie gewiss, dass er das größte Übel ist.«   Sokrates




Meine Einstellung zum Tod

Ich lebe gern, aber ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich habe allerdings Angst vor dem Sterben. Todesangst ist irrational. Aber die Irrationalität ist ein Teil des Menschen. Ich kann nicht ausschließen, dass mich beim Sterben die irrationale Todesangst packen wird. Vor dieser möglichen psychischen Qual habe ich Angst. Darüber hinaus kann das Sterben auch von körperlichen Schmerzen begleitet sein. Auch vor dieser Möglichkeit habe ich Angst. Vor dem Tod selbst habe ich keine Angst. Jedenfalls nicht jetzt, wo ich rational denken kann.

Im Gegensatz zu Epikur und vielen anderen Menschen weiß ich nicht, ob ich nach meinem Sterben noch existieren werde oder nicht. Für mich als Skeptizisten ist das eine offene Frage. Mich als  Agnostiker würde es nicht wundern, wenn ich nach meinem körperlichen Tod bewusstseinsmäßig fortexistieren würde. Sollte ich nicht fortexistieren, so würde mich das aber auch nicht wundern. ;-) Ich habe mich dazu entschlossen, mein Leben so zu leben, als ob ich nach meinem Sterben nicht mehr existieren würde. Ich habe mich dazu entschlossen, mich auf die Welt, in der ich mich erlebe einzulassen und mich nicht in Spekulationen zu verlieren. Das bedeutet aber nicht, dass ich jeden Versuch einer metaphysischen Welterklärung grundsätzlich ablehne.

Ich habe in den Jahren 1986/87, als ich an der Universität Freiburg Vorlesungen und Seminare zur Parapsychologie belegt hatte, über Menschen gelesen, die einmal klinisch tot waren und anschließend berichteten in dieser Situation eine jenseitige Welt geschaut zu haben. Berichtet wurde von einem sehr hellen Licht, von einer überfreundlichen, eine starke Anziehungskraft ausstrahlende göttliche Person, vom Wiedertreffen verstorbener Verwandter und Freunde, von dem Unwillen in den »toten« Körper zurückzukehren etc. Alle diese Berichte als Erfindungen abzutun, ist mir zu leichtfertig. Ob es sich bei diesen Erlebnissen aber um die wirkliche Schau einer jenseitigen Welt gehandelt hat, oder um sehr starke Halluzinationen (hervorgerufen eventuell durch körpereigene Morphine, die in Extremsituation produziert werden) ist für mich offen. Als  Agnostiker ziehe ich sowohl in Erwägung, dass der Mensch nach seinem Sterben in irgendeiner Weise fortexistiert, als auch, dass nach dem endgültigen, irreversiblen Zerfall des Gehirns (was nicht der Fall ist, bei Patienten, die wiederbelebt wurden) vom individuellen Bewusstsein nichts bleibt. Ich wundere mich immer wieder darüber, dass es soviele hochgebildete Menschen gibt, die glauben ganz sicher zu wissen, dass eine dieser beiden Möglichkeit stimmt. Aufgefallen ist mir das wieder einmal bei der Beschäftigung mit dem »Nahe-Tot-Erlebnis« (Near-Death-Experience) des logischen Positivisten  Ayer. (Es ist auch noch anzumerken, dass viele Menschen, die schon einmal klinisch tot waren, nach ihren Angaben in dieser Situation solche Erlebnisse nicht hatten.)


Zitate zu Tod und Sterben

Aischylos: »Besser ist ein schneller Tod, als alle Tage schmachten unter Angst und Qual.«

Woody Allen: »Ich habe keine Angst vor dem Sterben. Ich möchte bloß nicht dabeisein, wenn es passiert.«

Die Ameise »Z« in dem Film »Antz«: »Ehrlich gesagt, mache ich über den Tod nur abfällige Bemerkungen und kichere hinter seinem Rücken.« [Sinnvollerweise mit der Stimme von Woody Allen.]

Augustinus: »Wer den Tod fürchtet, der liebt Gott nicht.«

Wolf Biermann: »Wie nah sind uns manche, die tot sind, und wie tot sind uns manche, die leben

Jakob Bosshart: »Wäre der Tod nicht, es würde keiner das Leben schätzen.Man hätte vielleicht nicht einmal einen Namen dafür.«

Wernher von Braun: »Alles, was Wissenschaft mich lehrte und noch lehrt, stärkt meinen Glauben an ein Fortdauern unserer geistige Existenz über den Tod hinaus.«

Bertolt Brecht: »Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.«

Samuel Butler: »Für sich selbst ist jeder unsterblich; er mag wissen, dass er sterben muss, aber er kann nie wissen, dass er tot ist.«

Winston Churchill: »Es gibt drei Sorten von Menschen: solche, die sich zu Tode sorgen; solche, die sich zu Tode arbeiten; und solche, die sich zu Tode langweilen.« [Und dann gibt es noch die, die er zu Tode hat bomben lassen. Und damit meine ich nicht kämpfende Soldaten, sondern hunderttausende Zivilisten!]

Albert Einstein: »Wer sich nicht mehr wundern und in Ehrfurcht verlieren kann, ist seelisch bereits tot.«

Epikur: »Mit dem Tod habe ich nichts zu schaffen. Bin ich, ist er nicht. Ist er, bin ich nicht.«

Euripides: »Wer weiß, ob unser Leben nicht ein Tod nur ist, Gestorbensein dagegen Leben?«

Benjamin Franklin: »In dieser Welt gibt es nichts Sichereres als den Tod und die Steuern.«

Max Frisch: »Das klare Todesbewusstsein von früh an trägt zur Lebensfreude, zur Lebensintensität bei. Nur durch das Todesbewusstsein erfahren wir das Leben als Wunder.«

Heraklit: »Dasselbe ist: lebendig und tot und wach und schlafend und jung und alt. Denn dieses ist umschlagend in jenes und jenes umschlagend in dieses.«

Dieter Hildebrandt: »Wenn du und das Laub wird älter, // und du merkst, die Luft wird kälter, // und du fiehlst, dass du bald sterbst, // dann is Herbst.«

Martin Luther King: »Ein Mensch, der für nichts zu sterben gewillt ist, verdient nicht zu leben

Lao Tse: »Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.«

Otto von Leixner: »Nicht vor dem Tode, nur vor dem Leben sollte man sich fürchten, denn nur dieses kann die Seele töten.«

Marcus Aurelius: »Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern, dass man nie beginnen wird, zu leben.« »Der Tod lächelt uns alle an, das einzige was man machen kann ist zurücklächeln.«

Ludwig Marcuse: »Wer zu oft auf die Grenze alles Irdischen blickt, verliert die Energie zu seiner Gestaltung.«

Romana Machado: »Der Tod ist nur ein ungelöstes technisches Problem.« [So sehen es die Transhumanisten]

Norman Mailer: »Sterben kann gar nicht so schwer sein – bisher hat es noch jeder geschafft.«

Thomas Mann: »Der Mensch soll um der Güte und Liebe willen dem Tode keine Herrschaft einräumen über seine Gedanken.«

Helmuth von Moltke: »Wie kann man einen Menschen beweinen, der gestorben ist? Diejenigen sind zu beklagen, die ihn geliebt und verloren haben.«

Montaigne: »Der Tod ist Anfang eines neuen Lebens

Nietzsche: »Meinen Tod lobe ich euch, den freien Tod, der mir kommt, weil ich will.« [Dass der Einzelne über seinen Tod selbst entscheidet, damit kann ich mich durchaus anfreunden. Schlimm ist, dass  Nietzsche auch über den Tod von Miliarden anderer Menschen entscheiden wollte.]

Novalis: »Sollte es nicht auch drüben einen Tod geben, dessen Resultat irdische Geburt wäre? Wenn ein Geist stirbt, wird er Mensch. Wenn der Mensch stirbt, wird er Geist.«

Blaise Pascal: »Da die Menschen kein Heilmittel gegen den Tod, das Elend, die Unwissenheit finden konnten, sind sie, um sich glücklich zu machen, darauf verfallen, nicht daran zu denken

Bertrand Russell: »Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.«

Otto Reuter: »Vor dem Tode sich fürchten, hat keinen Zweck. Man erlebt ihn ja nicht. Wenn er kommt, ist man weg.«

Antoine de Saint-Exupéry : »Wie kann das Kaufen und Besitzen von Bedeutung sein, wenn das einzig Wichtige für den Menschen das Werden und endlich Sein ist, und das Sterben im vollen Bewusstsein seines Seins.«

Schopenhauer: »Die Heiterkeit und der Lebensmut unserer Jugend beruht zum Teil darauf, dass wir, bergauf gehend, den Tod nicht sehen; weil er am Fuß der andern Seite des Berges liegt.« »Der Tod ist ein Schlaf, in welchem die Individualität vergessen wird: Alles andere erwacht wieder oder vielmehr ist wach geblieben.« »Der Lebenslauf des Menschen besteht darin, dass er, von der Hoffnung genarrt, dem Tod in die Arme tanzt.«

Seneca: »Der Tod ist die Befreiung und das Ende von allen Übeln, über ihn gehen unsere Leiden nicht hinaus; er versetzt uns in jene Ruhe zurück, in der wir lagen, ehe wir geboren wurden.«

Sophokles: »Der Tod ist das größte Übel nur dann, wenn wir ihn anflehen zu kommen, und er unsere Bitten nicht erhört.«

Spinoza: »Der freie Mensch denkt an nichts weniger als an den Tod; und seine Weisheit ist ein Nachsinnen über das Leben

Kurt Tucholsky: »Der Mensch ist ein Lebewesen, das klopft, schlechte  Musik macht und seinen Hund bellen lässt. Manchmal gibt er auch Ruhe, aber dann ist er tot.« »Dies ist die wahrste aller Demokratien, die Demokratie des Todes.« [Demokratie wird hier im Sinne von »Gleichheit« verwendet, was Demokratie aber nicht bedeutet.]

Mark Twain: »Seien Sie vorsichtig mit Gesundheitsbüchern – Sie könnten an einem Druckfehler sterben.« »Man könnte viele Beispiele für unsinnige Ausgaben nennen, aber keines ist treffender als die Errichtung einer Friedhofsmauer. Die, die drinnen sind, können sowieso nicht hinaus, und die, die draußen sind, wollen nicht hinein«

Karl August Varnhagen von Ense: »Der Mensch fürchtet den Tod nur, weil er noch nicht glücklich genug gewesen ist.«

Voltaire: »In den meisten Fällen ist die Todesursache eines Menschen sein Leben

Gerhard Uhlenbruck: »Der Gedanke an die ewige Ruhe versetzt uns in ewige Unruhe.« [Viele jedenfalls.]


Von mir selbst: »Der Tod lässt mich kalt.« »So schlimm scheint der Tod nicht zu sein. Es hat sich jedenfalls noch kein Toter beschwert.« »Mich als Agnostiker würde es nicht wundern, wenn ich nach meinem körperlichen Tod bewusstseinsmäßig fortexistieren sollte. Sollte ich nicht fortexistieren, so würde mich das aber auch nicht wundern.« »Man kann ruhig an ein Leben nach dem Tod glauben. Sollte man sich tauschen, wird man seinen Irrtum nicht bemerken.« »Letztendlich ist man das, was von einem bleibt, wenn man tot ist.«

Sehen Sie auch die Zitate zu Wiedergeburt.


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