Demokratie


Der Begriff Demokratie stammt aus dem alten Griechenland. Er ist hergeleitet von den Worten demos und kratein und bedeutet wörtlich »Volksherrschaft«. Der Begriff hat heute aber eine umfassendere Bedeutung. Zum Teil wird unter diesem Begriff auch verschiedenes verstanden.


Elemente einer modernen Demokratie

Sehen Sie auch die  Grundwerte des Humanismus.


Demokratie in Geschichte und Theoriegeschichte

In einigen antiken griechischen Stadtstaaten gab es Demokratie in dem Sinne, dass alle erwachsenen freien männlichen Vollbürger (nicht die Frauen, Sklaven und Zugewanderten) das Recht hatten, an den Volksversammlungen teilzunehmen, auf denen Beschlüsse gefasst und die Regierenden bestimmten wurden. [1]

 Platon bewertete diese Demokratie negativ.

Für  Aristoteles gibt es eine positive Form und eine entartete.

 John Locke ist der Begründer der Lehre von der Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative.

Nach  Rousseau hat jeder Mensch einen Anteil an der Souveränität des Staates. Über den Gesellschaftsvertrag müsse die Freiheit des Einzelnen und die Autorität der Gemeinschaft in Einklang gebracht werden. Rousseau wird vielfach als zentraler Begründer der modernen Vorstellung von Demokratie angesehen.

Sehen Sie hierzu auch die verschiedenen  Staatsphilosophien.

Entwicklung der Demokratie: Bis zur Französischen Revolution und der Unabhängigkeit der USA Ende des 18. Jahrhunderts hatte der Begriff Demokratie unter den Gebildeten und Mächtigen noch einen negativen Klang. Auch Kant und Hegel lehnten die Demokratie ab. (Kant ist in seinen Äußerungen sehr widersprüchlich!) Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wuchs die Zahl der Befürworter der Demokratie beträchtlich und im 20. Jahrhundert entwickelte sich die Demokratie in vielen Ländern. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gibt es fast keinen Staat auf der Welt, der sich nicht zur Demokratie bekennt, auch wenn in vielen Staaten viele der oben aufgeführten Kriterien nicht erfüllt sind, es sich häufig nur um »Nenn-Demokratien« handelt.


Aktuelle Differenzen bei den Vorstellungen von Demokratie

Es gibt unterschiedliche Vorstellungen davon, wann von einer Demokratie gesprochen werden kann. Hier einige unterschiedliche Positionen:

Demokratie ist nur dort, wo das Volk unmittelbar herrscht. Stichworte: Direkte Demokratie, Basisdemokratie, Radikaldemokratie.

[Eine solche Demokratie scheitert nach meiner Überzeugung an drei Gegebenheiten:

  1. Die mangelnde Bereitschaft großer Teile der Bevölkerung sich aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben zu beteiligen. Die unmittelbare Demokratie würde zur Herrschaft einer aktiven Minderheit.
  2. Sprunghaftigkeit vieler Menschen. Mangelnde inhaltliche Kohärenz ihrer Auffassungen. Es würden häufig Beschlüsse gefasst, die miteinander nicht vereinbar sind. Volksabstimmungen sind oft die Stunde der Demagogen. Es wäre oft unmöglich bestimmte Vorhaben über einen längeren Zeitraum hinweg zu verfolgen, was aber oft Voraussetzung für Erfolg ist.
  3. Großgesellschaften mit zig Millionen Menschen, supranationale Organisationen wie die EU oder die UN machen unmittelbare Demokratie unmöglich. (Allerdings könnte das Internet virtuelle Vollversammlungen aller Bürger und Abstimmung aller über bestimmte Fragen möglich machen. Damit sind die beiden ersten Probleme aber nicht beseitigt.)]

Demokratie besteht dann, wenn die Mehrheit der Bevölkerung will, dass die gegenwärtige Regierung an der Macht ist. [Hier besteht das Problem, dass dann auch eine Diktatur eine Demokratie wäre, wenn die Mehrheit der Bevölkerung diese Diktatur will. Hitler sah sich selbst nicht als Diktator. Er habe nur die Demokratie vereinfacht, meinte er. Die große Mehrheit der Deutschen stand bis weit in den 2. Weltkrieg hinein hinter ihm. Deshalb war Nazi-Deutschland aber nicht etwa ein demokratischer Staat.]

Demokratie besteht dann, wenn die Regierenden bzw. die Mächtigen im Lande die Interessen des Volkes vertreten und diese Interessen kennen. Ob die Bevölkerung mit der Regierung einverstanden ist, das ist letztlich sekundär. Ein Paradebeispiel für eine solche Demokratieauffassung sind die Marxisten-Leninisten. Nach ihrer Auffassung ist Demokratie dort, wo die Kommunisten regieren. Da die Kommunisten die Interessen des Volkes kennen und vertreten, ist ihre Regierung auf jeden Fall demokratisch. Auch wenn die Masse des Volkes das anders sieht, und die Kommunisten gar nicht als Regierung will. Und wo die Kommunisten nicht regieren, ist keine Demokratie, selbst wenn die Menschen in freien Wahlen sich ausgesucht haben, von wem sie regiert werden wollen. Denn wenn sie nicht die Kommunisten gewählt haben, hätten sie gegen ihre eigenen Interessen gehandelt. [Diese kommunistische Auffassung wurde von der Geschichte widerlegt. Der Masse des Volkes, auch der Arbeiter, ging es in den nord- und westeuropäischen Sozialstaaten besser, als in den osteuropäischen »sozialistischen« Ländern. Diese »realsozialistischen« Systeme sind Ende der 80er Jahre allesamt an ihrer wirtschaftlichen Ineffizienz zugrunde gegangen.] Nun muss man allerdings, um vielen Menschen nicht unrecht zu tun, hinzufügen, dass viele Kommunistische Parteien, besonders in Westeuropa aber nicht nur dort, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer schleichenden »Sozialdemokratisierung« unterlagen und diese marxistisch-leninistische Position nicht mehr vertraten, nicht mehr praktizierten.

Nach  Popper ist Demokratie dort, wo es freie Institutionen gibt. Effektive (nicht nur vorgebliche) freie und geheime Wahlen, Koalitionsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Gewaltenteilung (horizontale und vertikale), Reisefreiheit u. v. ä. m. Nach Popper wird ein Demokrat die freien Institutionen notfalls auch gegen die Mehrheit der Bevölkerung verteidigen. [Was man Anfang der 30er Jahre in Deutschland hätte machen sollen, als die Nazis an die Macht kamen. Auch die Kommunisten haben, überall wo sie an die Macht kamen, die freien Institutionen beseitigt.] Die oben dargestellte moderne Demokratieauffassung stimmt mit der Poppers weitgehend überein.[Mit meiner auch!]


»Es gibt eigentlich nur zwei Staatsformen: Solche, in denen es möglich ist, die Regierung ohne Blutvergießen durch eine Abstimmung loszuwerden, und solche, in denen das nicht möglich ist. Darauf kommt es an, nicht aber darauf, wie man diese Staatsform benennt. Gewöhnlich nennt man die erste Form ›Demokratie‹ und die zweite Form ›Diktatur‹ oder ›Tyrannei‹. [...] Es ist daher falsch, wenn man die Betonung auf die Frage legt (wie es von Platon bis Marx und auch später immer wieder getan wurde): ›Wer soll regieren? Das Volk (der Pöbel) oder die wenigen Besten? Die (guten) Arbeiter oder die (bösen) Kapitalisten? Die Mehrheit oder die Minderheit? Die Partei von links oder die Partei von rechts oder eine Partei der Mitte?‹ Alle diese Fragen sind falsch gestellt. Denn es kommt nicht darauf an, wer regiert, solange man die Regierung ohne Blutvergießen loswerden kann. Jede Regierung, die man wieder loswerden kann, hat einen starken Anreiz, sich so zu verhalten, dass man mit ihr zufrieden ist. Und dieser Anreiz fällt weg, wenn die Regierung weiß, dass man sie nicht so leicht loswerden kann.«


Karl Popper im SPIEGEL 32/1987


Zitate bekannter Personen zu Demokratie

Willy Brandt: »Die Demokratie ist keine Frage der Zweckmäßigkeit, sondern der Sittlichkeit.«

Winston Churchill: »Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.« »Demokratie ist die Notwendigkeit, sich gelegentlich den Ansichten anderer Leute zu beugen.« »Wenn es morgens um sechs Uhr an meiner Tür läutet und ich kann sicher sein, dass es der Milchmann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demokratie lebe.«

Heinz Galinski: »Demokratie kann man keiner Gesellschaft aufzwingen, sie ist auch kein Geschenk, das man ein für alle Mal in Besitz nehmen kann. Sie muss täglich erkämpft und verteidigt werden.«

Theodor Heuss: »Man muss das als gegeben hinnehmen: Demokratie ist nie bequem.«

Ephraim Kishon: »Die Medien sind bellende Wachhunde der Demokratie, und die Demokratie ist bekanntlich das beste politische System, weil man es ungestraft beschimpfen kann.«

Abraham Lincoln: »Demokratie: die Regierung des Volkes durch das Volk für das Volk.«

Henry Louis Mencken: »Der typische Demokrat ist immer bereit, die theoretischen Segnungen der Freiheit gegen etwas einzutauschen, was er gebrauchen kann.«

Friedrich Nietzsche: »Die demokratischen Einrichtungen sind Quarantäne-Anstalten gegen die alte Pest tyrannenhafter Gelüste: als solche sehr nützlich und sehr langweilig.« [Das hat der Nietzsche der  mittleren Schaffensperiode geschrieben. Der späte Nietzsche hat die Demokratie abgelehnt.]

Karl Popper: »Wie können wir die Konstitution des Staates so gestalten, dass wir die Regierung ohne Blutvergießen loswerden können?« » .. das sollte, nach meiner Ansicht, der Wahltag sein. Nicht ein Tag, der die neue Regierung legitimiert, sondern ein Tag, an dem wir über die alte Regierung zu Gericht sitzen. Der Tag, an dem sich die Regierung verantworten muss.«

Gustav Radbruch: »Demokratie ist gewiss ein preisenswertes Gut, Rechtsstaat ist aber wie das tägliche Brot, wie Wasser zum Trinken und wie Luft zum Atmen, und das Beste an der Demokratie gerade dieses, dass nur sie geeignet ist, den Rechtsstaat zu sichern.«

Helmut Schmidt: »Das Schneckentempo ist das normale Tempo jeder Demokratie.«

George Bernard Shaw: »Demokratie ist ein Verfahren, das garantiert, dass wir nicht besser regiert werden, als wir es verdienen.« »Demokratie ist die Wahl durch die beschränkte Mehrheit anstelle der Ernennung durch die bestechliche Minderheit.«

Rita Süssmuth: »Demokratie bedeutet auch, sich selbst kritisch zu sehen.«

Richard von Weizsäcker: »Demokratie lebt vom Streit, von der Diskussion um den richtigen Weg. Deshalb gehört zu ihr der Respekt vor der Meinung des anderen.«


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Anmerkungen

Anm. 1: Es wird des Öfteren behauptet, Demokratie sei gar nicht möglich, die Herrschaft des Volkes habe es nie gegeben und werde es nie geben (können). Dabei wird übersehen, dass Demokratie nie Volksherrschaft bedeutet hat. Die Bedeutung eines Wortes ergibt sich aus ihrem praktischen Gebrauch ( Wittgenstein), nicht daraus, dass man auf den Wortursprung kuckt oder wörtlich von einer Sprache in eine andere übersetzt. Ursprünglich wurde dieses Wort benutzt zur Bezeichnung einer Regierungsform, in der sich faktisch 5 bis 10% der tatsächlichen Bevölkerung trafen, als Legislative fungierten und aus ihren Reihen die Exekutive bestimmten. Zurück zum Text


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