Jacob Böhme



Kurzbeschreibung der Auffassungen Böhmes

[Meine Anmerkungen zu den Auffassungen Böhmes sind besser verständlich, wenn man den philolex-Beitrag
Die Brahman-Atman Lehre kennt.]

Jacob (oder Jakob) Böhme (1575–1624) war ein Schuster, also kein akademisch gebildeter Mann. Er schrieb, was intuitiv in ihm entstand. Er hatte ein religiöses, metaphysisches Bedürfnis. Er stand in der Tradition der Mystik. Daher erinnert vieles bei ihm an Meister Eckhart. Er geht aber mit seinem dialektischen Denken über diesen hinaus. Interessant ist, dass Böhme, obwohl er einen ganz anderen Ansatz hatte, zu doch erstaunlich ähnlichen Auffassungen gelangte, wie z. B. Cusanus und Bruno. [Es gibt eben viele Wege zur Wahrheit!]

Pantheismus: Alles sei Gott, alles sei in Gott. »Wenn du die Tiefe und die Sterne und die Erde ansiehest, so siehst du deinen Gott, und in demselben lebest und bist du auch, und derselbe Gott regiert dich auch, und aus demselben Gott hast du auch deine Sinne und bist eine Kreatur aus ihm und in ihm, sonst wärest du nichts. [...] Also können wir mitnichten sagen, dass Gottes Wesen etwas Fernes sei, das eine sonderliche Stelle oder Ort besitze oder habe; denn der Abgrund der Natur und Kreatur ist Gott selber.« (Alle Zitate aus Störig, S. 309f.) [In indischer Terminologie: Die Welt ist Brahman. Und Brahman und Atman sind letztlich identisch.]

Dialektik: Woher stammt das Böse, wenn alles Gott ist? Es müsse etwas  Böses geben, da es sonst nichts  Gutes gäbe. Es gebe einen sich durch alles Sein und durch alles Denken hindurchziehenden Widerspruch, ohne den es nichts gäbe. Dieser Widerspruch sei die innerste Triebkraft der Welt. Das Böse sei schon im göttlichen Grunde der Welt angelegt. [Kein Wunder, das  Hegel Böhme sehr verehrte. Obwohl er gerade bei der Beurteilung des Bösen inkonsequenter Weise Böhme nicht folgt.]

Willensfreiheit: Aktualität gewinne das Böse aber erst im Menschen, der sich zwischen den Reichen des Guten und des Bösen mit absoluter Freiheit entscheiden müsse. »Denn ein jeder Mensch ist frei und wie ein eigener Gott, er mag sich in diesem Leben in Zorn oder in Licht verwandeln. [...] So der Mensch freien Willen hat, so ist Gott über ihn nicht allmächtig, dass er mit ihm tue, was er wolle. Der freie Wille ist aus keinem Anfange, auch aus keinem Grunde, in nichts gefasst oder durch etwas geformt. Er ist sein selbereigener Urstand aus dem Worte göttlicher Kraft, aus Gottes Liebe und Zorn.«

Erlösung: Das Aufgehen der Seele in Gott, mit dem sie letztlich identisch sei. »Der innere Grund der Seele ist die göttliche Natur [...] Sie ist das Zentrum Gottes [...] Darum ist die Seele Gottes eigen Wesen.« Die Begierden fesselten unser Gemüht. »Also dass der Wille sich über alle Sinnlichkeit und Bildlichkeit in den ewigen Willen des Urgrundes vertiefe, aus dem er ist anfänglich entstanden, dass er in sich nichts mehr wolle, ohne was Gott durch ihn will –, so ist er in dem tiefsten Grunde der Einheit.« [In indischer Terminologie: Atman soll völlig in Brahman aufgehen.]

Christ oder Nichtchrist: Seine Auffassungen gab Böhme in christlicher Einkleidung wieder. Es ist bis heute umstritten, ob er eine nichtchristliche Auffassung nur christlich einkleidete, oder ob es sich um eine mögliche Art der Interpretation des Christentums handelt. [Für mich besteht da überhaupt kein Zweifel, dass es sich hier nicht um Christentum handelt. Das ist Pantheismus. Und das erinnert an den Gnostizismus.]


Meine Kritik an Böhme

Der Pantheismus Böhmes gefällt mir ganz ausgezeichnet. Aber auch bei Böhme ist keine skeptische Distanz zu den eigenen Überzeugungen, keine kritische Erkenntnistheorie zu verzeichnen.

In seiner Sicht des Bösen ist Böhme viel konsequenter als die beiden großen  idealistischen Philosophen Platon und Hegel, denen das Böse nicht ins System passt, weswegen sie es aus der Welt und dem Sein eskamotieren. Aber nicht alles, was an Bösem existiert, ist nötig, damit es das Gute geben kann. Musste es Auschwitz geben, damit es etwas Gutes geben kann? Das Gleiche gilt für die vielen anderen Massenmorde und Blutbäder in der Geschichte. Der blinde Weltwille Schopenhauers ist vielfach Ursache für das Böse.


Kommentare anderer Philosophen zu Böhme

Für Hegel ist Böhme »der erste deutsche Philosoph«.

Karl Marx: »Der Schuster Jakob Böhme war ein großer Philosoph. Manche Philosophen von Ruf sind nur große Schuster.«


Literatur:


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