Hoimar von Ditfurth


Hoimar von Ditfurth kurz und knapp

Hoimar von Ditfurth (1921–1989) war Professor für Psychiatrie und Neurologie in Würzburg und Heidelberg. Er ist aber besonders als Wissenschaftsjournalist, TV-Moderator und Sachbuchautor über naturwissenschaftliche Themen bekannt geworden. Ich führe ihn in der Liste der Philosophen auf, weil in seinen Büchern auch philosophische Gedanken vorhanden sind. (Siehe z. B. seine Auffassung zur Evolutionäre Erkenntnistheorie oder seine  Interpretation Kants.)

Ditfurth weist darauf hin, dass die Lebewesen je nach Entwicklungshöhe ihres Nervensystems, ihrer Sinnesorgane und ihres Gehirns einen unterschiedlich umfangreichen Einblick in das von ihnen unabhängige Welt haben. Wie vor ihm  James und  Carus. Und Ditfurth schließt daraus, dass dem Menschen überlegene Lebewesen einen größeren Einblick in die Welt haben bzw. haben werden, als wir Menschen.

Ditfurth kommt auf Basis seiner naturwissenschaftlichen Überlegungen zu der Auffassung, es gebe in der Natur Spuren der Wirksamkeit von Verstand, lange bevor Gehirne existierten. Es gebe Intelligenz in der Natur, ohne dass dafür ein Gehirn nötig sei, das sie beherbergt. Geist, Phantasie und Zielstrebigkeit habe es in der Natur von Anfang an gegeben. Nur deshalb konnte Leben, konnten Gehirne und letztlich das Bewusstsein entstehen. Es gebe lern-analoges oder intelligenz-analoges Verhalten bei sehr einfachen Organismen. (Wie bei seinem Lehrer  Konrad Lorenz.) Dies widerspricht der weitverbreiteten Annahme, Leben, Gehirne und Bewusstsein seien das Produkt zufälliger Mutationen.

Ditfurth hat in den letzten Jahren seines Lebens den unabwendbaren Untergang der Menschheit vorausgesagt, wegen der von ihr selbst verursachten ökologischen Probleme. In früheren Phasen seines Schaffens hatte er an eine Weiterentwicklung der Menschen, eine Fortsetzung der Evolution intelligenten Lebens auf diesem Planeten geglaubt. Im 15. Kapitel seines Buches Im Anfang war der Wasserstoff schrieb er: »Wir sind, um es einmal so zu formulieren, eigentlich nur die Neandertaler von morgen.« (U. a. im Kapitel Die Welt ist nach oben offen in seinem Buch Innenansichten hat er dies näher begründet.)


Kritisches zu Hoimar von Ditfurth

Bevor ich an Hoimar von Ditfurth etwas kritisiere, möchte ich sagen, dass mich wahrscheinlich keine andere Person so stark beeinflusst hat, wie er! Ich verdanke nicht nur ein Großteil meines naturwissenschaftlichen Wissens seinen Büchern und Fernsehsendungen. Ich verdanke ihm (und Popper) auch meine heutige Erkenntnistheorie. Auch wenn diese mit denen von Ditfurth und Popper nicht völlig übereinstimmt. Ich habe selbst noch etwas neues hinzu getan: Das Ausschließungsverfahren (den negativen Evidentialismus) bezüglich philosophischer, religiöser u. ä. Aussagen. Näheres dazu in meinem Aufsatz Gedanken zur Erkenntnistheorie.

Eventuell hätte ich ohne den Einfluss von Hoimar von Ditfurth nie die Auffassung von der Notwendigkeit der Entstehung höherer Arten entwickelt. Er hat darauf hingewiesen, dass die Evolution mit uns Menschen nicht zu Ende ist, dass wir nicht die höchsten Lebewesen sind, die die Evolution hervorbringen kann. Er hat darauf hingewiesen, dass auch der Mensch – wie alle uns in der evolutiven Stufenleiter vorangegangenen Lebewesen – nur einen begrenzten Einblick in das Sein hat. U. a. auf Grund des Einflusses von Ditfurth – aber über ihn hinausgehend – sage ich: Wir können nicht nur die Neandertaler von morgen, wir können die Schimpansen von morgen sein. Und die Bakterien von übermorgen. Sollten die Menschen sich nicht in den nächsten Jahrhunderten ausrotten, werden einige Menschen ihre Selbstevolution in diese Richtung einleiten. Näheres dazu in meinem Aufsatz Über die Notwendigkeit der Entstehung höherer Arten.

Zu kritisieren finde ich, dass Ditfurth (meines Wissens) nie den aktiven Beitrag der Menschen zur Herbeiführung weiterer Evolution, zur Entstehung höherer Arten gefordert hat. Er schien anzunehmen, die Natur werde dies wie in der Vergangenheit auch übernehmen. Wenn aber die Gefahr der Selbstausrottung besteht, dann sollten wir selbst aktiv an der Weiterentwicklung der menschlichen Art arbeiten.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Ditfurth in seinen Schriften naturwissenschaftliche Theorien und Behauptungen vertreten hat, die schon zu seiner Zeit umstritten, z. T. veraltet waren. Das kann ein Anfänger (wie ich damals einer war) aber nicht wissen. Das erfährt man erst, wenn man andere Autoren ließt oder hört. Oder mit Menschen diskutiert, die ihr Wissen von anderen Autoren haben.


Zitate von Hoimar von Ditfurth

»Es ist eine anthropozentrische Selbsttäuschung, dass wir stillschweigend immer so tun, als ob die Evolution ausgerechnet bei uns zum Stillstand gekommen sei.«

»Die Entdeckung der Evolution schließt die Einsicht ein, dass unsere Gegenwart mit absoluter Sicherheit nicht das Ende (oder gar das Ziel) der Entwicklung sein kann.«

»Geist und Verstand sind offensichtlich nicht erst mit uns Menschen in diese Welt hineingekommen. Diese Einsicht ist, wie mir scheint, eine der wichtigsten Lehren, die wir aus den Ergebnissen der modernen Naturwissenschaft ziehen können.«

»Viele Gedenkminuten hätten durch Denkminuten verhindert werden können.«

»Unsere Gesellschaft gleicht einem Menschen, der ahnungslos in einem Minenfeld umherirrt und sich dabei um seine Altersrente Sorgen macht.«

»Wie das? fragt erschrocken sogleich unser ›gesunder Menschenverstand‹, der hier wieder einmal nicht gleich mitkommt (und das, wie stets, in aller Unschuld für ein Gegenargument hält).«

»Es ist nicht überflüssig, sich einmal klarzumachen, dass die Intelligenz, über die ein Organismus verfügt, weit übertroffen wird von der Intelligenz, die er – in seinem Bauplan und seinen physiologischen Funktionen – verkörpert. Das gilt grundsätzlich und also auch für uns selbst.«

»Was soll man von einer Instanz halten, die uns zur Rettung verhungernder Kinder aufruft, während sie gleichzeitig mit dem ganzen Gewicht ihres weltweiten Ansehens dazu beiträgt, die Zahl dieser Kinder über jedes rettbare Maß hinaus zu vergrößern?« [Über die Katholische Kirche bzw. den Papst.]

»Wir sind, um es einmal so zu formulieren, eigentlich nur die Neandertaler von morgen.«

»Der Realist ist insofern naiv, als er nicht zur Kenntnis nimmt, dass wir alle nicht in der Welt leben, sondern nur in dem Bild, das wir uns von der Welt machen.«

»Der Platz zwischen allen Stühlen ist einer der honorigsten, die man heutzutage einnehmen kann.«

»Jeder fragt sich irgendwann einmal, wo er nach seinem Tode sein wird, aber niemand fragt danach, wo er vor seiner Geburt gewesen ist.« [Das trifft nur für die jüdisch, christlich und islamisch geprägten Menschen zu. Nicht für Platoniker, indische Religionen u. w.]

»Unlogik lässt sich eben durch Logik in keiner Weise erschüttern.«

»Zwar hat die menschliche Unvernunft nicht zugenommen. Ruinös angestiegen ist jedoch die Zahl der Unvernünftigen.«

»Wir haben nur die Wahl, durch Vernunft zu lernen oder durch Katastrophen belehrt zu werden.«

»Das Wasserstoffatom und die Naturgesetze sind kein Objekt möglicher Naturwissenschaft mehr. Sie sind, unvoreingenommen betrachtet, sichtbare Zeichen dafür, dass unsere Welt einen Ursprung hat, der nicht in ihr selbst liegen kann.«

»Im Verlaufe und als Folge wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritts nimmt die Zahl der Welträtsel nicht ab. Die eigentlichen Wunder dieser Welt werden überhaupt erst sichtbar, wenn wissenschaftliche Forschung die Vorhänge menschlicher Vorurteile, abergläubischer Vermutungen und Denkgewohnheiten hinwegräumt.«


»Vor allem aber möchte ich unterstreichen, dass mein Argument – die Erschließung neuer Welthorizonte im Falle einer evolutiven Weiterentwicklung über die bis heute biologisch verwirklichten kognitiven Funktionen hinaus – prinzipiellen Charakter hat: Es gilt völlig unabhängig von der Frage, ob es dazu auf diesem Planeten kommen wird. Wenn, das ist alles, was ich behaupte, uns haushoch überlegene Lebensformen die Welt betrachteten, dann würden sie mit ihren den unsrigen so weit überlegenen Erkenntnisapparaten jenseits der Grenzen des uns zugänglichen Weltbildes gewiss nicht auf lauter weiße Flecken stoßen, sondern auf Eigenschaften der objektiven Realität, die für uns unwahrnehmbar, unvorstellbar und unausdenkbar sind. Die Welt ist oberhalb der von uns erreichten Stufe der Erkenntnis nicht zu Ende. Sie ist nach oben offen. Die gegenteilige Annahme wäre Ausdruck anthropozentrischer Vermessenheit reinsten Wassers, vergleichbar nur mit dem jahrtausendelang die Köpfe der Menschen beherrschenden Wahn, sie befänden sich mit ihrer Erde im Mittelpunkt des ganzen Weltalls.«




Literatur und Internetlinks

Literatur:

Es gibt viele Videos mit Hoimar von Ditfurth bei youtube.


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