Fantasie – Einbildungskraft


Fantasie und Philosophie

Fantasie oder Phantasie (von gr. phantasia) – in philosophischer Literatur und Wörterbüchern auch häufig unter dem Stichwort »Einbildungskraft« –, bedeutet die Fähigkeit sich in Gedanken etwas vorzustellen, losgelöst von konkreten Empfindungen, Wahrnehmungen, Erinnerungen etc. Dabei kann man sich etwas vorstellen, was schon mal wahrgenommen, empfunden etc. wurde, oder auch Vorhandenes umformen und etwas völlig Neues hervorbringen.

Am Anfang aller Philosophie, Wissenschaft, Technik, Kunst, Religion etc. steht die Fantasie. Ohne die Fähigkeit zur Fantasie wären wir wahrscheinlich nicht wesentlich mehr als Herdentiere.

Beginnt auch alle menschliche Kreativität mit Fantasie, so dürfen einige Aktivitäten nicht allein bei der Fantasie bleiben. In alle Denkprozesse fließt Fantasie ein, aber das Denken muss in Wissenschaft und in großen Teilen der Philosophie die Oberhand behalten.

In der Philosophie hat die Fantasie eine sehr große Bedeutung. Ohne sie gebe es viele philosophische Systeme, Lehrsätze etc. nicht. Dies wird von einigen Philosophen, z. B. von vielen Vertretern der Analytischen Philosophie, kritisiert.

Intuition wird des Öfteren fälschlich für Fantasie gehalten. Von Menschen die eine bestimmte intuitiv gewonnen Einsicht nicht nachvollziehen können.


Fantasie bei verschiedenen Philosophen

Bei Aristoteles steht die Fantasie zwischen Wahrnehmung und Denken.

Bei Leibniz, Wolff und Kant steht Fantasie zwischen Sinnlichkeit und Verstand.

Kant unterscheidet reproduktive und produktive Einbildungskraft. Die reproduktive Einbildungskraft reproduziere Eindrücke von außen, die produktive Einbildungskraft bewirke eine apriorische Ordnung, bilde den Stoff, den die Sinne liefern zur Einheit und mache Erfahrung, Erkenntnis überhaupt erst möglich.

Bei Schelling soll die Fantasie zwischen Endlichem und Unendlichem vermitteln.

In der Ästhetik bedeutet Fantasie aus Erinnerungen, Vorstellungen, Gedanken etc. spontan schöpferisch Neues zu schaffen.


Kritisches zu Fantasie

Wenn Menschen versuchen, gesellschafliche Fantasien zu verwirklichen, dann kann das schlimme Folgen haben. im 20. Jahrhundert waren Kommunismus und Faschismus schlimme Beispiele. Von einer besseren Welt träumen, aber nicht dogmatisch und totalitär werden.


Zitate zu Fantasie

Albert Camus: »Die Fantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können, und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.«

Albert Einstein: »Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.«

Denis Gaultier: »Fantasie ist die einzige Waffe im Krieg gegen die Wirklichkeit

Friedrich Karl von Gerok: »Holde Freundin Fantasie, // bleibst du mir zugegen, // fehlt ein tröstlich Licht mir nie // auch auf dunklen Wegen.«

Jean Giraudoux: »Die Fantasie trainiert man am besten durch  juristische Studien. Nie hat ein Dichter die Natur so frei ausgelegt wie ein Jurist die Wirklichkeit

Goethe: »Die Einbildungskraft ist ein schönes Vermögen, nur mag ich nicht gern, wenn sie das, was wirklich geschehen ist, verarbeiten will. Die luftigen Gestalten, die sie erschafft, sind uns als Wesen einer eigenen Gattung sehr willkommen; verbunden mit der Wahrheit bringt sie meist nur Ungeheuer hervor und scheint mir alsdann gewöhnlich mit dem Verstand und der Vernunft im Widerspruche zu stehen.«

Christian Friedrich Hebbel: »Allegorie entsteht, wenn der Verstand sich vorlügt, er habe Fantasie.« »Fantasie ist nur in Gesellschaft des Verstandes erträglich.«

Johann Gottfried von Herder: »Nichts hat der Mensch in sich so sehr zu bezähmen wie seine Einbildungskraft, die beweglichste und zugleich die gefährlichste aller menschlichen Gemütsgaben.«

Joseph Joubert: »Einer, der Fantasie hat, doch kein Wissen, besitzt Flügel, aber keine Beine.«

Immanuel Kant: »Wir spielen oft und gern mit der Einbildungskraft; aber die Einbildungskraft spielt eben so oft und bisweilen sehr ungelegen auch mit uns.« »Fantasie ist unser guter Genius oder unser Dämon.«

Erich Kästner: »Wenn einer keine Angst hat, hat er keine Fantasie.« »Fantasie ist eine wunderbare Eigenschaft, aber man muss sie im Zaum halten.«

Stanislaw Jerzy Lec: »Fantasie und Lüge sind zweierlei.«

Thomas Mann: »Welch eine herrliche Gabe ist nicht die Fantasie, und welchen Genuss vermag sie zu gewähren!« »Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.«

Nietzsche: »Der Fantast verbirgt die Wahrheit vor sich selbst, der Lügner vor allen.«

Jean Paul: »In fantasiereichen Menschen liegen, wie in heißen Ländern oder auf Bergen, alle Extreme eng beieinander.«

Wilhelm Raabe: »Ein Mensch ohne Fantasie ist wie ein Vogel ohne Flügel.«

Arthur Schopenhauer: »Alles Urdenken geschieht in Bildern: darum ist die Fantasie ein so notwendiges Werkzeug desselben, und werden fantasielose Köpfe nie etwas Großes leisten, – es sei denn in der Mathematik.« »Zum Leitstern seiner Bestrebungen soll man nicht Bilder der Fantasie nehmen, sondern deutlich gedachte Begriffe.« »Ein geistreicher Mensch hat in gänzlicher Einsamkeit an seinen eigenen Gedanken und Fantasien vortreffliche Unterhaltung.«

Friedrich Schiller: »Alles wiederholt sich im Leben, // Ewig jung ist nur die Fantasie. // Was sich nie und nirgends hat begeben, // Das allein veraltet nie!«

Friedrich Schleiermacher: »Die Fantasie aber ist das eigentlich Individuelle und Besondere eines jeden.«

Carl Spitteler: »Fantasie ist die schönste Tochter der Wahrheit, aber etwas lebhafter als die Mama.«

Jules Verne: »Alles, was ein Mensch sich vorstellen kann, werden andere Menschen verwirklichen.« [Leider!]

Jakob Wassermann: »Wir können der Wirklichkeit nicht habhaft werden. Sie muss gestutzt, gekürzt, geknetet, ja, sie muss umgeglüht werden, und der Ofen, in dem die Umglühung vorgenommen wird, ist die Fantasie.« [Was wir als Welt erleben, ist unser Produkt. Trotzdem sollte man Fantasie und Wirklichkeit unterscheiden können.]


Sprichwort aus Indien: »Sorgen sind ein Missbrauch der Fantasie.«


Zur philolex-Startseite


Copyright © by Peter Möller, Berlin.