Zufall


Zufall

Der Begriff Zufall hat verschiedene Bedeutungen. Als zufällig werden bezeichnet:

  1. Ereignisse, die nicht vorhersehbar waren.
  2. Ereignisse, die nicht beabsichtigt waren.
  3. Ereignisse, deren Eintreten sehr unwahrscheinlich war.
  4. Eigenschaften einer Sache oder eines Ereignisses, die nicht notwendigerweise zu dieser Sache oder zu diesem Ereignis gehören.
  5. Ereignisse, die ohne Grund stattfanden, außerhalb von Kausalitätskletten auftraten.

In den ersten vier Bedeutungen ist der Zufall ein relativer. Innerhalb eines bestimmten Bezugsrahmens bzw. aus einem bestimmten Blickwinkel erscheint etwas als Zufall, das innerhalb eines anderen Bezugsrahmens notwendig ist. Zufall ist hier abhängig von der Erkenntnisabsicht oder dem Erkenntnisvermögen. Für Tiere gibt es mehr Zufälle als für Menschen, für ungebildete Menschen mehr Zufälle als für gebildete, für Menschen mehr Zufälle als für höhere Wesen mit höherem Erkenntnisvermögen, die eventuell in anderen Gegenden des Universums existieren oder in der Zukunft eventuell auf diesem Planeten existieren werden.

In der 5. Bedeutung ist der Zufall ein absoluter. Ob es absolute Zufälle gibt, ist in der Philosophie und der Naturwissenschaft umstritten. Einige Philosophen gehen aus von der durchgängigen Determinierung aller Ereignis und bestreiten damit die Existenz von absoluten Zufällen. Zu diesen Philosophen gehören u. a.  Spinoza, Schopenhauer und Nietzsche. Andere Philosophen halten absolute Zufälle für möglich, z. B.  Popper. Unter den Naturwissenschaftlern behauptete Heisenberg, dass es im subatomaren Bereich keine Determination und damit absolute Zufälle gebe, während Einstein dies mit seinem berühmten Satz: »Gott würfelt nicht« bestritt.

Eigenschaften einer bestimmten Sache, die dieser nicht notwendiger Weise zukommen müssen (um die bestimmte Sache zu dieser bestimmten Sache zu machen), sondern auch anders sein könnten, werden auch zufällig genannt. Beispiel: Zum Menschen gehört notwendiger Weise ein Gehirn. Die Hautfarbe, Länge der Beine etc. sind zufällig. (Wenn man die Erbanlagen eines Menschen betrachtet, sind diese Eigenschaften allerdings nicht mehr zufällig.)

Sehen Sie hierzu auch Willensfreiheit.


Meine Auffassung zum Zufall

Die Verneinung des absoluten Zufalls ist meines Erachtens nach das Ergebnis eines unkritischen Schließens vom (menschlichen) Denken auf das Sein. Ein Vorgehen, das ich in Übereinstimmung mit Hume und Kant für unzulässig halte. Dass wir Menschen für alle Ereignisse einen Grund annehmen, dass wir unser Handeln aufbauen auf die Anerkennung des Kausalitätsprinzips, bedeutet nicht notwendigerweise, dass es in dem von uns unabhängigen Sein auch überall Kausalität geben muss. Diese Auffassung beinhaltet bewusst oder unbewusst die Vorstellung, wir Menschen hätten die grundsätzlichen Funktionsweisen des Seins erkannt. Ob das so ist, darüber können wir aber überhaupt keine Sicherheit haben. Das Sein könnte Sphären und Funktionsweisen haben, die sich völlig außerhalb des menschlichen Erkenntnisvermögens befinden. Dass es scheinbar etwas außerhalb von Kausalketten existierendes gibt, habe ich im Artikel über das  Sein näher erläutert. Die Behauptung es gebe mit Sicherheit keinen echten Zufall, ist gleichbedeutend mit der Behauptung, man habe unbezweifelbare ontologische Wahrheiten letzter Instanz.


Zitate zum Zufall

Elias Canetti: »Vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist.«

Friedrich Dürrenmatt: »Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall treffen.«

Freeman Dyson: »Wenn wir in das Universum hinausblicken und erkennen, wie viele Zufälle in Physik und Astronomie zu unserem Wohle zusammengearbeitet haben, dann scheint es fast, als habe das Universum gewusst, dass wir kommen.«

Empedokles: »Jeder glaubt nur das, worauf ihn der Zufall gebracht hat.«

Einstein: »Das, wobei unsere Berechnungen versagen, nennen wir Zufall.«

Marie von Ebner-Eschenbach: »Der Zufall ist die in Schleier gehüllte Notwendigkeit.«

Euripides: »Des Zufalls Wege sind uns unbekannt, sie zu berechnen, lehrt uns keine Kunst

Gebrüder Grimm: »Zufall ist das unberechenbare Geschehen, das sich unserer Vernunft und Absicht entzieht.«

Goethe: »Es geschieht nichts Unvernünftiges, das nicht der Verstand oder Zufall wieder in die Richte brächten; nichts Vernünftiges, das Unverstand und Zufall nicht missleiten könnten.«

Friedrich der Große: »Je mehr man altert, desto mehr überzeugt man sich, dass seine heilige Majestät der Zufall gut drei Viertel der Geschäfte dieses miserablen Universums besorgt.«

Werner Heisenberg: »In der Entwicklung des Kosmos kommt später der Zufall ins Spiel. Aber auch der Zufall fügt sich den zu Anfang gesetzten Formen, er genügt den Häufigkeitsgesetzen der Quantentheorie.«

Johann Gottfried von Herder: »Die zwei größten Tyrannen der Erde: der Zufall und die Zeit

David Hume: »Keine Zufälligkeit irgendwo im Universum, keine Gleichgültigkeit, keine Freiheit. Während wir handeln, wird gleichzeitig an uns gehandelt.«

Victor Hugo: »Die großen Zufälle sind das Gesetz. Die Ordnung der Dinge kann nicht auf sie verzichten.«

Joseph Joubert: »Es gibt auf Abenteuer ausgehende Geister, die ihre Ideen nur vom Zufall erwarten und empfangen.«

Kant: »Zufällig im reinen Sinne der Kategorie ist das, dessen kontradiktorisches Gegenteil möglich ist.«

Heinrich von Kleist: »Ein frei denkender Mensch bleibt nicht da stehen, wo der Zufall ihn hinstößt.«

Lukan: »Der Zufall reißt alles mit sich fort.«

Napoleon: »Der Zufall ist der einzig legitime Herrscher des Universums.«

Nietzsche: »Die Leugner des Zufalls. – Kein Sieger glaubt an den Zufall.« »Das Wesentliche an jeder Erfindung tut der Zufall, aber den meisten Menschen begegnet dieser Zufall nicht.« »Zufall ist selber nur das Aufeinanderstoßen der schaffenden Impulse.«

Novalis: »Auch der Zufall ist nicht unergründlich. Er hat seine Regelmäßigkeit.«

William Shakespeare: »Was wir ersinnen, ist des Zufalls Spiel.«

Schelling: »Der ganze Zauber, der das Problem vom Ursprung organisierter Körper umgibt, rührt daher, dass in diesen Dingen Notwendigkeit und Zufälligkeit innigst vereinigt sind.«

Friedrich Schiller: »Und was ist Zufall anders, als der rohe Stein, // Der Leben annimmt unter Bildners Hand? // Den Zufall gibt die Vorsehung – // Zum Zwecke muss ihn der Mensch gestalten.«

Schopenhauer: »Auch das Zufälligste ist nur ein auf entfernterem Wege herangekommenes Notwendiges.« »Es ist der Zufall: er, der die königliche Kunst versteht, einleuchtend zu machen, dass gegen seine Gunst und Gnade alles Verdienst ohnmächtig ist und nichts gilt.«

Albert Schweitzer: »Der Zufall ist das Pseudonym, das der liebe Gott wählt, wenn er inkognito bleiben will.«

Spinoza: »Was wir Zufall nennen, ist der Zufluchtsort der Unwissenheit.«

Voltaire: »Zufall ist ein Wort ohne Sinn; nichts kann ohne Ursache existieren.«


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