Methodischer Konstruktivismus


Kurzbeschreibung des Methodischen Konstruktivismus

Vom Methodischen Konstruktivismus zu unterscheiden ist der bekanntere und neuere Radikale Konstruktivismus.

Der Erlanger Schule geht es um eine strukturierte, widerspruchsfreie, vollständige, wie sie es nennen »methodische« Begründung aller Wissenschaften. Sie knüpft an Wittgensteins Auffassung an, dass Sprache und Wirklichkeit nicht trennbar seien. Eine kritische Rekonstruktion der sprachlichen Mittel der Wissenschaften sei deshalb immer auch eine »Konstruktion« ihrer Gegenstände. Daher der Begriff »Methodischer Konstruktivismus«.


Vertreter des Methodischen Konstruktivismus

Becker, Oskar (1887–1964). Deutscher Mathematiker, Logiker und Philosoph. Zeitweilig Assistent Husserls. Einer der Begründer  Methodischen Konstruktivismus.

Dingler, Hugo (1881–1954). Deutscher Philosoph und Wissenschaftstheoretiker. Suchte nach einem sicheren Fundament der Erkenntnis. Vertrat beeinflusst von Mach eine Spielart des Operationalismus, eine Verbindung von Theorie und Empirie. Dingler war einer der Begründer des  Methodischen Konstruktivismus. Begründete Mathematik nicht axiomatisch, sondern konstruktivistisch. Vertreter des Konventionalismus. Hielt Letztbegründung für möglich. [Was mir im Anbetracht seiner konstruktivistischen und konventionalistischen Position merkwürdig erscheint.] Hatte eine starke Nähe zu den Nazis, bzw. war (zeitweilig) einer.

Kamlah, Wilhelm (1905–1976). Deutscher Theologe, Historiker und Philosoph. Theoretiker der Seelsorge. Mit der Erlanger Schule verbunden.

Lorenzen, Paul (1915–1994). Deutscher Philosoph, Mathematiker und Logiker. Bekanntester Vertreter der Erlanger Schule und damit des  Methodischen Konstruktivismus.

Mittelstraß, Jürgen (*1936). Deutscher Philosoph. Ordinarius für Philosophie und Wissenschaftstheorie in Konstanz. Vertreter der Erlanger Schule und damit des  Methodischen Konstruktivismus.


Meine Kritik am Methodischen Konstruktivismus

Es gibt eine von der (menschlichen) Sprache unabhängige Wirklichkeit. Alles andere wäre (aller Wahrscheinlichkeit nach) anthropozentrische Vermessenheit – wie schon bei  Heidegger – und mit einem modernen naturwissenschaftlichen Weltbild nicht vereinbar. »Vollständige Begründung aller Wissenschaften« klingt mir zu sehr nach Absolutheitsanpruch, nach unkritischem Erkenntnisoptimismus.

Nun wird der Methodischen Konstruktivismus von einigen seiner Befürworter allerdings so verstanden, dass wir uns mit unserer Sprache nicht die (objektive) Wirklichkeit schlechthin schaffen (eine solche gebe es auch unabhängig von uns), sondern unser subjektives und intersubjektives Wirklichkeitsbild. Das ist ein Fortschritt gegenüber z. B. der Auffassung  Heideggers, die (menschliche) Sprache sei das »Haus des Seins«. Aber auch dann bliebe zu betonen, dass es in der subjektiven und intersubjektiven Welt Dinge gibt, die völlig unabhängig davon sind, wie ich sie nenne. Und ob mein Schmerz oder mein Hunger ein Teil der Welt oder meines Weltbildes sind, spielt für mich im Moment, wo ich diese Empfindungen habe, keine Rolle. Und bei der Suche nach Wegen, diese negativen Empfindungen loszuwerden, helfen mir keine Begriffsanalysen.


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