Der Jainismus ist eine in Indien entstandene und auch heute noch existierende religiös- dualistische Lehre. Ihr Stifter, Mahavira (ind. Großer Held), lebte ungefähr im 6. Jahrhundert v. u. Z.
Jiva und Ajiva: (Seele und Materie) Die Welt bestehe von Ewigkeit her aus belebten Einzelseelen (jivas) und unbelebter Materie (ajiva). Ein persönlicher Gott, der etwa den Einzelseelen übergeordnet wäre, existiere nicht. Erlösung: Die Seele besitze die Anlage zu Allwissenheit, moralischer Vollkommenheit und ewiger Glückseligkeit. Sie könne diese Anlage jedoch nicht entfalten, da sie mit Materie durchsetzt, infiziert sei. Dadurch werde die Seele zu einem sterblichen, mit einem materiellen Leib behafteten Lebewesen. Erlösung sei nur dadurch möglich, dass die Materie aus der Seele entfernt werde. Dies werde erreicht durch einen asketischen, tugendhaften Lebenswandel. Syadvada: Die Jainas entwickelten eine ausgefeilte Kunst des Beweisens und Widerlegens, die ihren Gipfel in der sogenannten Syadvada, einer Relativitätstheorie der Logik, erreichte. Sie ähnelt in ihren Grundzügen der buddhistischen Logik der Verneinung. Ethik: Nicht lügen, nicht nehmen, was einem nicht gegeben ist, auf Lust an weltlichen Dingen verzichten und insbesondere kein Leben vernichten. Letzteres Gebot führt dazu, dass Strenggläubige ihr Trinkwasser filtern, nur durch ein Tuch atmen und den Boden vor dem Betreten fegen. Alles um zu verhindern, Kleinstlebewesen zu vernichten. [Auf dem heutigen Stand der Kenntnis über den menschlichen Körper müssten sie konsequenterweise ihre im Blut befindlichen Antikörper abtöten lassen, was natürlich ihren eigenen Tod zur Folge hätte.] Auf Grund der hohen Forderungen blieben die Anhänger des Jainismus eine kleine Minderheit. Im gegenwärtigen Indien sind es ca. vier Millionen Menschen, die man allerdings häufig in führenden Stellungen antrifft. Die ethischen Forderungen sind in der Praxis abgemildert. [Abgesehen mal von der weiteren Ausschmückung und dem leider vielen Religionen eigenem Schwachsinn und der Lust- und damit Lebensfeindlichkeit, interessant ist, dass auf den idealistischen Monismus der Brahman-Atman Lehre und dem materialistischen Monismus der Charvakas nun ein Dualismus von Geist und Materie vertreten wird, in dem der Geist zwar als das Wichtigere, aber nicht als das allein Ursprüngliche angesehen wird.]
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