Duns Scotus (ca. 12701308) war ein Englischer bzw. schottischer Philosoph, Theologe und Franziskaner. Er lehrte in Oxford, Paris und Köln.
Philosophie und Theologie: Je besser man Aristoteles kannte, um so mehr musste der Gegensatz zwischen seiner der Welt und der Natur zugewandten Philosophie und dem christlichen Glauben auffallen. Duns sagte, dass eine so enge Verschwisterung zwischen Theologie und (aristotelischer) Philosophie, wie sie Thomas von Aquin erstrebte, nicht möglich sei. Ein Satz könne theologisch richtig und philosophisch falsch sein und umgekehrt. Die Theologie habe sowieso mehr eine praktische Bedeutung. Es sei zu fragen, ob sie überhaupt eine Wissenschaft sei. [ ! ]
Universalienstreit: In der Universalienfrage war Duns Realist wie Thomas. Aber er lehrte, da in jedem individuellen Ding neben seinem »Was« (quiditas) ein einmaliges und besonderes »Dies« (haecceitas) sei. Das Individuelle, das Besondere sei gegenüber dem Allgemeinen das Vollkommenere, das wahre Ziel der Natur. [Das geht in die Richtung eines neuzeitlichen Menschenbildes, die stärkere Bewertung der Einzelpersönlichkeit.]
Denken und Wollen: Im Gegensatz zu Thomas war bei Duns der Wille der Vernunft übergeordnet. Der Wille stehe dem von der Vernunft angebotenen Material frei gegenüber. Duns betonte im Gegensatz zu Thomas den aktiven Charakter des Erkennens.
Gott: Die Überordnung des Willens über die Vernunft war auch in der Gottesvorstellung des Duns vorhanden. Es gebe nichts, was an sich gut und notwendig sei (dies hatte Thomas angenommen). Gut sei etwas nur, weil Gott es so gewollt habe. Hätte er anderes gewollt, wäre anderes gut gewesen. Gut sei eine menschliche Handlung nur, weil Gott sie halt so haben will.
[Wenn man nun noch den Gott weglässt, dann kommt man genau zu meiner Position. Der Wille ist das ausschlaggebende am Menschen, nicht die Vernunft. Die Vernunft ist Diener des Willens. Alle Ziele, die ich mir stelle, soweit sie nicht weitergehenden Zielen unterordnet sind, sind Ziele meines Willens. Mein Verstand kann mir z. B. nicht sagen, da ich leben soll. Ich will leben. Ob etwas gut oder schlecht ist, hängt immer von meinem Willen ab. Es ist eine Frage der subjektiven Wertung. Und, da die Menschen mit anderen Menschen zusammenleben, auch eine Frage der inter-subjektiv Wertung.]
Gott war für Duns die 1. Ursache, von dem die in der Welt zu beobachtende Ursache-Wirkungskette (Kausalität) ihren Ausgang nahm.
Denken über das Denken: Duns Kritik am Thomismus wendete sich insgesamt aber nicht so sehr gegen das, was die Thomisten beweisen wollten, denn auch er war der Kirche und dem Christentum treu ergeben, sondern gegen die Art, gegen die Methode, mit der sie es beweisen wollten. Duns fing an, nicht über die Welt nachzudenken, sondern über das Denken der Anderen über die Welt. Die Formen, Methoden und Möglichkeiten des Denkens selbst müssten überdacht werden. Damit wird aber faktisch die Philosophie aus dem Dienstverhältnis zur Theologie erlöst. Sie hört auf Magd der Theologie zu sein, und wendet sich ihren eigenen Methoden und Fragen zu.
»Scotland brought me forth. England sustained me. France taught me. Cologne holds me.« (»Schottland brachte mich hervor. England stärkte mich. Frankreich lehrte mich. Köln hält mich.« Für »sustain« gibt es mehrere z. T. widersprüchliche Übersetzungen. »Stärken« erscheint mit hier am plausibelsten.)